Der Brautstrauß hat eine lange Tradition. Er sollte – nicht anders als alle anderen Blumen, die anlässlich einer Hochzeit arrangiert wurden – nicht nur schmückendes Beiwerk sein, sondern böswillige Geister besänftigen. Auf Kunstwerken ist die ägyptische Königin zu sehen, die eine Lotosblüte in
der Hand hält. Im alten Griechenland liebte man Brautsträuße aus duftenden Mimosen und schmückte das Hochzeitshaus mit Girlanden aus Oliven- und Lorbeerzweigen. Die Römerinnen bevorzugten Rosen und weiße Blumengirlanden. Im Mittelalter band man Brautsträuße aus duftenden Kräutern und kombinierte Lavendel, Thymian, Rosmarin und Orangenblüten.
Dabei spielte Rosmarin eine besondere Rolle: Nach der Hochzeit steckte man einen Rosmarinzweig aus dem Brautstrauß oder dem gewundenen Brautkranz in die Erde; wenn er Wurzeln schlug, galt das als gutes Omen für die junge Ehe. Später verwendete man statt dessen die Zweige der immergrünen Myrte, der ebenfalls magische Kräfte zugesprochen wurden und die als Zeichen für ein langes Leben und Glück stand. Wichtig war auch der wunderbare Duft der Blumen, die zu einem Hochzeitsstrauß gebunden oder der Braut ins Haar wie auch an ihr Kleid gesteckt wurden. Oftmals bepflanzte man die Wege zum Haus auf beiden Seiten eng mit duftenden Blumen oder Büschen, so dass der Saum des Brautkleides an ihnen entlangraschelte und den Duft der Blüten annahm. Schnittblumen waren lange Zeit allerdings absoluter Luxus, und nur Adelige sowie das wohlhabende Bürgertum konnten sich üppigen Blumenschmuck aus frischen Blumen leisten. Die anderen Bräute mussten sich wohl mit Strohblumen- Sträußen zufrieden geben. Aber ob frisch geschnitten oder sorgsam getrocknet: Jede Blume hatte eine eigene Bedeutung. Die Lilie versinnbildlichte mit ihrem makellosen Weiß Unschuld und Reinheit, zartblaue Veilchen Treue, Orangenblüten galten als Symbol reicher Fruchtbarkeit und Reinheit, Maiglöckchen standen für Tugend und Glück. Myrtenzweige symbolisierten die Liebe, Lindenzweige eheliche Treue und die Kamelie Beständigkeit. Heute ist die Rose die beliebsteste Brautstraußblume: Sie ist seit jeher das Sinnbild ewiger Liebe.
Göttliches Grün
In Japan gilt die Chrysantheme als dornenlose Rose. Sie verspricht dem Hochzeitspaar Reichtum und Glück. In Europa versinnbildlicht die immergrüne Myrte mit ihren weißen Blüten und weißen oder schwarzblauen, würzigsüßen Beeren schon seit der Antike Fruchtbarkeit und Lebenskraft. Sie war den Göttinnen Demeter und Aphrodite geweiht, und mit ihr sollten sich die Kräfte dieser beiden Göttinnen auf die Braut übertragen.
Der Brautstrauß wird traditionell vom Bräutigam besorgt. Da er aber, alten Bräuchen folgend, das Brautkleid nicht vor dem Hochzeitstag sehen darf, ist es für ihn nicht einfach, einen zum Stil des Kleides passenden Strauß auszuwählen. Ein paar Hinweise von Seiten der Braut, der Brautjungfern oder anderer Personen, die über die Brautgarderobe Bescheid wissen, sind bei der Auswahl der Farben und der Kombination unterschiedlicher Blüten sicherlich sehr hilfreich. Möchte man es nicht ganz so traditionell handhaben, kann man den Strauß gemeinsam auswählen, von der Braut zusammenstellen lassen oder bei einem Floristen in Auftrag geben. Im Allgemeinen überreicht der Bräutigam seiner Braut den Brautstrauß in ihrem Elternhaus. Beim Einzug in die Kirche am Arm des Bräutigams, des Brautführers oder ihres Vaters hält die Braut den Strauß in der rechten Hand, beim nachfolgenden Empfang trägt sie ihn nicht, nimmt ihn aber beim Hochzeitswalzer wieder zur Hand. In manchen Gegenden wird er – einem sehr alten Brauch folgend – anschließend der weiblichen Gästeschar zugeworfen. Wer ihn fängt, wird als nächste Braut vor den Altar treten. Möchte die Braut den Strauß zur Erinnerung an den Tag behalten, sollte man rechtzeitig an einen kleineren, zusätzlichen Walzerstrauß denken, den man ohne Reue in die Menge werfen kann. Der Brautstrauß kann getrocknet und in einer Schachtel oder unter einem Glassturz aufbewahrt werden. Man kann die Blütenblätter auch nach alter Art und Weise pressen und die getrockneten Blüten, die allerdings durch das Trocknen blasser werden, unter einem Glasrahmen arrangieren. Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Blüten des Brautstraußes zu trocknen und zusammen mit duftenden Kräutern, Gewürzen oder Duftölen in einem offenen Gefäß oder als Duftkissen zwischen der Wäsche aufzubewahren.